EINTAUCHEN IN EINE ANDERE WELT - ERSTES WOCHENENDE BEFÄHIGUNGSKURS 2009

Am ersten Februarwochenende begann der Befähigungskurs 2009. Mit einem Altersdurchschnitt von 37 Jahren geht ein für „hospizliche Verhältnisse“ recht junger Kurs an den Start. Zwölf Frauen und zwei Männer werden bis August auf die ehrenamtliche Begleitung von kranken und sterbenden Menschen vorbereitet. Besonders das erste Kurswochenende ist geprägt von Selbsterfahrungselementen zum Thema Sterben, Tod und Trauer. Dieser Kursabschnitt wird von vielen TeilnehmerInnen als sehr intensiv und bewegend erlebt. Die beiden Teilnehmerinnen Florence und Christiane schildern ihre Eindrücke. Jürgen Goldmann

Florence Hemonet: Am 6. Februar ist es endlich soweit, der Befähigungskurs 2009 in Bonn Lighthouse beginnt. Seit einem halben Jahr warte ich und freue ich mich darauf. Ich bin auf die anderen Teilnehmer und all das, was uns erwartet, ziemlich neugierig und habe richtiges Lampenfieber.

Um 18:00 soll es losgehen. Alle sind rechtzeitig gekommen und wir beginnen pünktlich. Die Gruppe besteht aus 12 Frauen und 2 Männern. Unsere „Tutoren“ sind Jürgen und Wilson vom Bonn Lighthouse. Kernpunkt des Abends ist es, sich kennen zu lernen. Dafür machen wir diverse Spiele, die dazu beitragen, ein Bild von jedem Teilnehmer zu bekommen und es ist erstaunlich, wie vertraulich und nett die Atmosphäre innerhalb so kurzer Zeit wird.

Der Samstag beginnt mit der sog. „Befindlichkeitsrunde“, die jedes weitere Treffen einleiten und abschließen wird. Ich finde es schön, denn es fällt dadurch leichter, anzukommen und wieder zu gehen. Ich würde sagen es ist das „Klammer auf“ und „Klammer zu“ einer Auszeit, denn das, was wir in diesem Rahmen erleben, ist wirklich eine „andere Dimension“!

Vormittags bilden wir 2er-Gruppen und führen Interviews untereinander. Der Fragebogen, den wir erhalten haben, gilt als Leitfaden zur Führung eines Gesprächs, in dem wir uns einander zum Thema „lebensgeschichtliche Erfahrungen von Sterben, Tod und Trauer“ befragen. Mein Gespräch mit Brigitte läuft sehr persönlich und respektvoll. Das Erzählen meiner Geschichte löst in mir Emotionen aus, die ich irgendwann geschickt verdrängt hatte. Anschließend folgt die Auswertung in der Gruppe, bei der jeder die Erfahrung von seinem Partner beschreibt.

In der Mittagspause gehen die meisten von uns in die Pizzeria nebenan. Wir sitzen zu 8 am Tisch und unterhalten uns über alles Mögliche außer über den Kurs. Ist das nicht ein gutes Zeichen?

Nach der Pause machen wir die „Faust-Übung“ mit einem anderen Partner: Hier geht es um Trost spenden, allerdings wortlos. Das, was bei der Beschreibung des Spiels unvorstellbar vorkam, erweist sich als eine sehr intensive Begegnung mit seinem Gegenüber, in meinem Fall mit Christiane.

Nach der Auswertung kommt die Abschlussrunde. Ich fahre mit rauschendem Kopf nach Hause und dem Drang, an die Luft zu gehen und mich anschließend zu entspannen, denn dieser Tag war sehr intensiv und emotionsreich. Trotz alledem freue ich mich schon auf morgen!

Der Traum, den ich in der Nacht von Samstag auf Sonntag hatte, deutet auf „Wachsen, Pflege und Neubeginn“ hin, es passt also! So fühle ich mich auch und trotz des Frühaufstehens (für einen Sonntag eigentlich brutal) fahre ich voller Elan nach Bonn. Als Jürgen uns von der kommenden Übung erzählt, in der jeder sein eigenes Todesbild malen soll, bin ich eher skeptisch, kann ich mir nicht vorstellen, wie das funktionieren soll. Die geführte Meditation bringt uns zu dem Bild, das sich jeder von uns von seinem eigenen Tod macht, und wir malen es auf ein Blatt Papier. Es ist erstaunlich, wie kreativ jeder ist. Auf der Suche nach dem passenden Stift oder der passenden Farbe wechsle ich den Raum und spüre die Konzentration von jedem Einzelnen.

Ich staune über die Ausdruckskraft meines eigenen Bildes. Es ist eine Begegnung der dritten Art!

Auf die Frage hin, ob wir die Auswertung im Plenum oder eher in kleineren Gruppen machen wollen, um Zeit zu gewinnen, stimmen wir dafür, sie mit allen Gruppenteilnehmern zusammen durchzuführen. Das sagt schon alles: Wir gehören zusammen und jeder ist jedem wichtig! Nach der Beschreibung meines Bildes muss ich mich kurz zurückziehen, da ich von meinen Emotionen überwältigt bin.

Jetzt ist das Wochenende vorbei und mein Kopf platzt. Einerseits habe ich eine Reise in mein Innerstes gemacht, habe Gedanken gehegt, die sonst nie zum Ausdruck gekommen wären. Andererseits habe ich neue Menschen kennen gelernt und wir bilden eine ganz besondere Gruppe, der viele Türen offen stehen. Ich freue mich weiterhin auf die anderen Teilnehmer und bin auf all das, was uns erwartet, neugierig und habe richtiges Lampenfieber.

 

Christiane Bordin: Am ersten Wochenende im Februar trafen sich zwölf Frauen und zwei Männer, die sich bis dahin vollkommen fremd waren, in den Räumlichkeiten von Bonn Lighthouse, um sich dort auf das Abenteuer "Befähigungskurs 2009" einzulassen. "Was ist das denn eigentlich, ein Befähigungskurs?", mag mancher sich fragen. Ein Befähigungskurs ist ein Seminar, nach dessen erfolgreicher Teilnahme man als Ehrenamtler schwerkranke und sterbende Menschen, sowie deren Angehörige, begleiten darf.

Unser erstes gemeinsames Wochenende stand ganz im Zeichen des sich Kennenlernens und der Selbsterfahrung.

Empfangen wurden wir am Freitagabend von den beiden Lighthouse-Mitarbeitern Jürgen Goldmann und Wilson Schaeffer, die sich auch an den beiden darauf folgenden Seminartagen einfühlsam mit uns auseinandergesetzt haben. Am ersten Abend stand das gegenseitige Kennenlernen im Mittelpunkt. Das erste Eis war schnell gebrochen und es war interessant zu erfahren, aus welchen unterschiedlichen Motivationen heraus ein jeder sich zu der Teilnahme am Kurs entschieden hatte.

Am nächsten Tag ging es schwerpunktmäßig um die eigenen Erfahrungen und Umgangsformen mit dem Sterben und dem Tod. In Gruppengesprächen und angeregt durch Partnerübungen haben wir uns intensiv miteinander austauschen können. Am Sonntag haben wir uns dann mit den ganz persönlichen Todesbildern der einzelnen Teilnehmer beschäftigt. Die Tatsache, dass wir uns nun schon alle ein wenig besser kennen gelernt hatten, trug sehr dazu bei, sich bei diesem sensiblen Thema den anderen mitteilen zu können.

Unser erstes gemeinsames Wochenende wurde von einigen beschrieben wie ein "Eintauchen in eine andere Welt". Es war geprägt von einer großen Offenheit, die nur durch den respektvollen Umgang miteinander möglich wurde. Vor allem dank der kompetenten Leitung wurde das Einführungswochenende für viele von uns zu einem ganz besonderen Erlebnis.

Nun freuen wir uns schon auf weitere schöne, bereichernde und informative Zusammenkünfte, an denen wir noch einiges dazulernen können.


Florence