WALTER

vom Walter-Begleitungsteam

Jürgen Goldmann:
Die Sterbebegleitung von Walter war eine der aufwendigsten Begleitungen, die je von Bonn Lighthouse geleistet wurde. 14 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen leisteten Bettwachen und Besuchsdienst. Über drei Wochen konnten mit Unterstützung des Pflegedienstes Humanitus lückenlos Nachtwachen gestellt werden. Dies war insofern für Walter wichtig, da sich bei ihm insbesondere des Nachts große Angst vorm Alleinsein einstellte, was ihn wiederum in den Teufelskreis Angst macht Atemnot, Atemnot macht noch mehr Angst, führte. Schon nach wenigen Nächten, in denen Nachtwachen anwesend waren, reduzierte sich diese Angst auf ein Minimum. Ein engmaschiges Netzwerk bestehend aus Zugehörigen, BewohnerInnen des Wohnprojektes, ehren- und hauptamtlichen Lighthouse-Mitarbeiterinnen, Pflegedienst Humanitus, Ambulanten Palliativdienst der Malteser, Physiotherapeutin und Hausarzt trugen mit einer großen solidarischen Haltung dazu bei, dass Walter seine letzten Tage in seinem Sinne und somit auch in Würde leben konnte. Eine sehr bewegende Erfahrung für alle Beteiligten!

Tessy Fischer-Riou:
Es war eine schöne Begleitung. Walter hat sie durch seinen Humor, sein Lächeln und sein herzliches Händedrücken leicht gemacht. Walter wollte nicht alleine sein und wir waren gerne bei ihm, mit Rosi, den Katzen... . Wir waren gerne willkommene Gäste in seine kleine, herzliche Welt. Vielleicht hat er uns, alle "Lighthousler" im Moment des Sterbens um sich gedanklich versammelt und fühlte sich gar nicht alleine.

Helga Heinze-Schirmer:
"Walter liegt im Sterben hieß es Ende Juni. Kannst du dir eine Begleitung vorstellen?"
Nach einem ersten Besuch habe ich mich dafür entschieden. Was bleibt nun nach Walters Tod am 11.10.? Erinnerungen: Viele Stunden bei Sonnenschein im Garten der Jankerklinik. Walter erzählt von sich. Später nach schlechterem Befinden große Zufriedenheit im Malteser Krankenhaus auf der Palliativstation. Walter erzählt ... Ich vergesse ihn nicht.

Christa Schmitz:
Die Zeit mit Walter war geprägt von erzählen und viel schlafen! Für mich war es wieder mal eine positive Erfahrung im Umgang mit Sterben, dem Verlassen dieser Erde, diese Endgültigkeit. Walter wollte noch nicht gehen, er hat mir erzählt, dass er gerne noch einmal seinen neuen elektrischen Rollstuhl mit mir ausprobieren möchte.
"Das klappt schon, ich muß nur wieder aufstehen können."
oder
"Ich han keene Appetit me, ever ich moss esse, sonst komm ich ne mi ob de behn". (Schriftdeutsch im Rheinischen ist nicht zum Besten)
Viele solcher rheinischen Anekdoten sind mir in Erinnerung!

Liz Roeder:
...Walter liegt im Bett und schläft, seine Katze auf den Füßen. Neben ihm ist ein Fanschal des FC Köln (sein Verein!) an die Wand gepinnt. Im Fernsehen wird ein Länderspiel übertragen, das er - der lebenslange Fussballfan und einst aktive Spieler - nicht mehr verfolgen kann. Aber die Geräuschkulisse ist vertraut und tut ihm gut, ab und zu schlägt er die Augen auf: "iss jezz Elfmeterschiessen?" Walter, wo immer du bist - ich bin sicher, Du hast einen Platz in der ersten Reihe der Fankurve!

Bastian Zillig:
Gedanken zu Walters Sterbebegleitung Die Begleitung von Walter in seinem letzten Lebensabschnitt hat mich tief beeindruckt und sicherlich ihre Spuren in mir hinterlassen. Es gab mit ihm zusammen schöne und leichte Momente, genauso wie Momente der Angst und Bitterkeit. Gerade die Nachtwachen habe ich sehr intensiv empfunden und gespürt, wo meine Grenzen liegen. Ich habe bei Walter meine erste richtige Sterbebegleitung gemacht und natürlich war ich vor der ersten Nachtwache etwas nervös, da ich nichts falsch machen wollte und ja nicht genau wusste, was mich in der Nacht erwarten würde. Und tatsächlich war die erste Nacht keine einfache, Walter hatte große Angst und konnte vor Unruhe kaum schlafen. Doch gerade durch diese schwierige Zeit mit Walter ist mir auch viel klarer geworden, was es bedeutet, einen sterbenden Menschen zu begleiten und ihm beizustehen. Es geht einfach darum, für jemanden da zu sein und ihn mit seinem Leiden nicht allein zu lassen. Was man nicht kann, ist einen anderen Menschen von seinem Leiden und seiner Krankheit zu erlösen. Wir sind eben nur Menschen und Wunder zu vollbringen ist nicht unsere Sache. Jedoch können wir versuchen, ihm einen Teil der Schmerzen und der Angst abzunehmen, sie mitzutragen und auszuhalten. Walters Situation war durch Hilflosigkeit geprägt. Er war die letzten Wochen ans Bett gefesselt (natürlich nur im übertragenen Sinne) und konnte nicht einmal vor die Tür an die frische Luft gehen, wenn sich wieder einmal Atemnot einstellte. Und auch ich stand dieser Situation recht hilflos gegenüber. Ich konnte nichts anderes tun, als eben beispielsweise die Tür zu öffnen, mich zu Walter an das Bett zu setzen und mit ihm gemeinsam abzuwarten, bis es wieder besser ging. Und siehe da, er beruhigte sich auch immer wieder sehr schnell und fand dann doch eine Weile Ruhe.

Und genau darum geht es meiner Ansicht nach bei der Sterbebegleitung. Zu sagen: „Du fühlst dich hilflos, weil du dem Tod nichts entgegensetzen kannst. Und ich fühle mich ebenso hilflos, da ich dir diesen letzten Weg nicht abnehmen kann. Aber eines sollst du dennoch wissen: Wenn du es nicht willst, lasse ich dich nicht allein. Ich sehe dein Leid und es tut mir weh nur tatenlos zusehen zu können. Aber ich bin bereit, es mit dir zusammen auszuhalten, wenn es sein muss bis zum Letzten.“ Die erstaunliche Erfahrung, die ich von dieser doch recht kräftezehrenden ersten Nacht im Nachhinein mitnehme, ist, dass gerade aus der Hilfosigkeit und Schwäche, wenn man sie zu teilen bereit ist, doch so etwas wie Stärke und Kraft entstehen kann. Nämlich die Kraft, das Unabänderliche als Bestandteil des Lebens anzunehmen.

In diesem Sinne, Walter, hoffe ich, wir konnten dir ein wenig Gewicht von der Seele nehmen und es dir ein bisschen leichter machen! Mach es gut, wo auch immer du jetzt bist!






Walter